Beiträge

Was sind eigentlich smart contracts? Die Verträge von morgen haben es in sich. Sie wollen schlau sein, Konflikte vermeiden und Kosten sparen. Wie funktioniert das genau?

Smart contracts vollziehen sich automatisch

Der zentrale Punkt bei smart contracts: Sie vollziehen sich von selbst. Die Vertragsparteien müssen dafür keinen Finger mehr rühren. Möglich wird das durch eine Software, die über das Internet der Dinge vertragsrelevante Ereignisse wahrnimmt und bei deren Eintreten bestimmte Transaktionen auslöst. Man liest häufig, dass smart contracts zum ersten Mal bei Warenautomaten zum Einsatz kamen. Ein Getränkeautomat etwa gibt die Flasche erst frei, wenn er den Eingang des Geldes festgestellt hat. Allerdings können smart contracts heute weit mehr als das: Sie lösen nicht nur Primärleistungen aus, sondern können auch auf die Verletzung vertraglicher Pflichten reagieren. Das eröffnet einen ganz neuen Anwendungsbereich, der bisher weitgehend der Anwaltschaft vorbehalten war.

Beispiele für den Einsatz von smart contracts

So kann ein smart contract heute beispielsweise feststellen, ob eine Käuferin die bestellte Lieferung erhalten hat oder ob eine Automieterin das erlaubte Nutzungsgebiet verlassen hat. Kommt es dazu, kann eine Zahlung zurückgebucht, eine Vertragsstrafe eingezogen oder ein Objekt gesperrt werden. Häufig zitiert und im aktuellen Koalitionsvertrag sogar erwähnt ist das Beispiel, dass ein smart contract die Verspätung eines Zuges oder eines Flugzeugs feststellt und der Kundin dann automatisch den gesetzlichen Entschädigungsanspruch auszahlt. Längst beschränken sich die diskutierten Anwendungen nicht mehr auf den Bereich der Kryptowährungen wie Bitcoin, über den sie letztlich bekannt geworden sind. Gleichzeitig lösen sich smart contracts ein Stück weit von der blockchain als dem technischen System, auf dem sie groß geworden sind.

Definition von smart contracts: It’s complicated

Auch wenn Hintergrund und Anwendungsbeispiele inzwischen weithin bekannt sind, ist es doch mit der Definition von smart contracts so eine Sache. Das liegt vor allem daran, dass der Begriff ursprünglich in einer Weise verwendet wurde, die mit der eigentlichen Wortbedeutung nicht zusammenpasst.

Die traditionelle Definition: Smart contracts als reine Software

Die traditionelle Definition von smart contracts geht auf deren Erfinder Nick Szabo zurück. Danach handelt es sich um Programmcode zur Umsetzung von Vertragsklauseln. Der Code ist also nicht selbst Vertrag, sondern setzt den Vertrag nur weitestmöglich um. Es gab zwar 2016 mit dem sog. DAO Hack einen sehr bekannten Fall, in dem jemand einmal den Vertragsinhalt auf den Programmcode reduzieren wollte. Dieser Ansatz, der unter dem von Lawrence Lessig in anderem Kontext geprägten Slogan code is law diskutiert wurde, hat sich allerdings mit Recht nicht durchgesetzt. Es bleibt gleichwohl die im SzaboschenBegriffsverständnis angelegte Unschärfe, dass das englische Wort contract Verwendung findet, obwohl die Software unstreitig keinen Vertrag darstellt.

Die Definition nach dem Wortsinn: Smart contracts als Verträge mit Softwaremütze

Will man diese begriffliche Friktion vermeiden, liegt nahe, das Wort contract allein auf den klassischen Vertrag zu beziehen. Ein „smart“ contract wäre danach ein Vertrag, an den man eine Software geheftet hat, die ihn vollziehen soll. Spannungsfrei ist aber auch diese Definition nicht. Denn zum einen ist genau genommen nicht der Vertrag, sondern die Software smart. Und zum anderen ist die Szabosche Definition so verbreitet, dass eine Neudefinition zumindest vorübergehend womöglich mehr Verwirrung stiftet, als sie Nutzen bringt.

Ein Umweg als Ausweg?

Welcher Weg führt aus dem begrifflichen Dilemma? Es gibt zum Beispiel Stimmen, die den Begriff smart legal contract verwenden. Wem dieses Hendiadyoin zu umständlich ist, könnte zumindest im Deutschen den Begriff smart contract einfach dort vermeiden, wo begriffliche Klarheit wichtig ist. Stattdessen kann man z.B. von Vertragsvollzugssoftware oder schlicht von Vollzugssoftware sprechen, wo lediglich von dem Programmcode die Rede ist. Oder was meinen Sie?

Tipp: Schauen Sie auch in unseren Literaturfinder zum Thema Smart Contracts !

Smart contracts sind ins Gespräch gekommen. Wo man schon tagein tagaus unzählige Verträge schließt, erscheint es interessant, auch einmal einen richtig schlauen Vertrag zu schließen. Langsam fasst die Theorie der Informatiker in der Praxis Fuß: Erste smart contracts werden für das Massengeschäft angeboten. Das jüngste Beispiel ist Fizzy, eine Fluggastrechte-Versicherung der AXA, die als smart contract auf der Ethereum-Blockchain läuft. Viele Fremdwörter – was steckt dahinter?

Smart contracts sind selbstvollziehende Verträge

Zunächst einmal: Smart contracts sind Verträge, die sich selbst vollziehen. Mit Hilfe einer Software sammeln sie vertragsrelevante Daten, werten sie aus und nehmen Transaktionen vor. Im einfachsten Fall autorisiert die Software etwa eine Zahlung, sobald sie festgestellt hat, dass der Zahlungsberechtigte seinen Teil des Vertrages erfüllt hat. Man kann sich das wie eine Einzugsermächtigung vorstellen, die nicht per Knopfdruck, sondern automatisch ausgelöst wird. Und die nicht nur für Geld, sondern auch für Zugriffsrechte etc. funktioniert. Weil die Software von smart contracts Vermögensdispositionen trifft, muss sie natürlich möglichst neutral und fehlerfrei arbeiten. Deswegen wird sie standardmäßig auf einer so genannten blockchain, einer Art dezentraler Dropbox, verwaltet (siehe hierzu die Definition in unserem Legal-Tech-Glossar). Die Vertragsdaten liegen dann gleichzeitig auf vielen Rechnern und gelten als sehr schwer zu manipulieren.

Nutzen von smart contracts: Pacta servantur

Was bringen smart contracts? Jurastudenten lernen im ersten Semester das Prinzip pacta sunt servanda. Das bedeutet: An Verträge muss man sich halten. Man kann das aber auch anders lesen: An Verträge muss man sich zwar halten, aber viele tun das einfach nicht. Dann muss der Berechtigte vertragsrechtliche Ansprüche stellen und notfalls einklagen. Für Juristen ist dies das täglich Brot, für Nichtjuristen meist ärgerlich und belastend. Smart contracts wollen das ändern. Aus dem pacta sunt servanda soll ein pacta servantur werden: Verträge werden eingehalten. Oder noch konkreter: Verträge halten sich ein. Weil sie sich selbst vollziehen, soll es gar keine Chance mehr geben, gegen vertragliche Vereinbarungen zu verstoßen. Das ist besonders dann reizvoll, wenn es um vergleichsweise kleine Werte geht, für die Otto Normalverbraucher im Zweifel ohnehin nicht vor Gericht zieht.

Fizzy: AXA steigt in den Markt für Fluggastrechte ein

Das Paradebeispiel für geringwertige Forderungen, die wenige Betroffene auf dem klassischen Wege durchsetzen, sind Fluggastrechte bei Verspätungen. Angeführt von der Firma flightright hat sich hier in den vergangenen Jahren eine Reihe von Unternehmen etabliert, die Verbrauchern die Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen eine Erfolgsprovision abnehmen. AXA geht nun in diesen Markt hinein – und zwar mit einem sehr früh ansetzenden Angebot. Fluggäste schließen bereits vor dem Abflug eine Pünktlichkeitsversicherung ab und erhalten automatisch eine Entschädigung, sobald die Flugdaten eine verspätete Ankunft melden.

Keine Verdrängung der etablierten Portale zu erwarten

Auch wenn die AXA nun den etablierten Fluggastrechte-Portalen Konkurrenz macht, ist deren Verdrängung vom Markt bis auf Weiteres nicht zu erwarten. Denn Fizzy ist eine so genannten before-the-event insurance; sie versichert nicht das Risiko einer scheiternden Anspruchsdurchsetzung, sondern das Risiko, dass es überhaupt zu einem Schadensfall kommt. Über letzteres Risiko denkt aber im Flugverkehr kaum jemand nach. Nur wenige Passagiere machen sich bereits vor ihrem Flug über eine etwaige Verspätung Gedanken. Und die Airlines werden kaum daran denken, Fizzy als Zusatzoption beim Ticketkauf anzubieten, weil sie bei einer Vereinfachung der Rechtsdurchsetzung selbst die Leidtragenden wären.

Veranstaltungen

Es konnte leider nichts gefunden werden

Entschuldigung, aber kein Eintrag erfüllt Deine Suchkriterien