Das dritte Start-up in unserer Interviewreihe von und für Legal Entrepreneurs ist das Münchener Unternehmen Lexit Gesetze. Lexit versteht sich als eine intelligente Softwarelösung für die Arbeit mit Gesetzestexten und anderen Rechtsinformationen, wie z.B. Gerichtsentscheidungen, Gesetzesbegründungen und nutzergenerierten Inhalten (Homepage von Lexit). Mit Lexit werden zeitaufwändige Recherchearbeiten, wie z.B. die Suche nach bestimmten juristischen Begriffsdefinitionen, automatisiert. Zusätzlich dazu kann der Nutzer mit Lexit eine individuell bearbeitete Gesetzessammlung erstellen und auf allen Geräten und Plattformen verwenden.

1. Was an Lexit ist „legal“?

Lexit bietet Jurastudenten, ausgebildeten Juristen und allen anderen Rechtsanwendern ein modernes Software-Tool für die tägliche Arbeit mit Gesetzestexten und anderen Rechtsinformationen. Dabei verfolgt die Firma langfristig das Ziel, möglichst alle Gesetze (Bundesgesetze, Landesgesetze, EU-Rechtsakte), Gerichtsentscheidungen und Kommentare in einer Anwendung zu vereinen. Aktuell gibt es bereits eine kostenlose Beta-Version von Lexit. Die Beta-Version befindet sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium und kann daher noch Fehler enthalten.

2. Was an Eurem Unternehmen ist „tech“?

Lexit wird zunächst als Webanwendung und zu einem späteren Zeitpunkt auch als native mobile Anwendung für Android und iOS zur Verfügung stehen. Mithilfe zweier moderner Technologien – Machine Learning und computerlinguistischer Textanalyse – entwickeln wir neuartige intelligente Suchalgorithmen, die automatisiert juristische Begriffsdefinitionen in Urteilstexten und – zu einem späteren Zeitpunkt – auch Gesetzesbegründungen sowie Entscheidungsketten im Bereich einer ständigen Rechtsprechung samt Ausgangsentscheidung, in Rechtstexten identifizieren und verknüpfen können.

3. Wie kamt Ihr auf Eure Geschäftsidee?

Die Geschäftsidee entstand bereits vor einigen Jahren, als unser Jurist noch im Studium war. Damals störte ihn, dass er auf die Nutzung schwerer juristischer Fachliteratur angewiesen war und diese auch oftmals mit zur Vorlesung nehmen musste. Gerne wäre er auf eine digitale Lösung umgestiegen, um die Bücher zu ersetzen, aber leider gibt es bis heute keine Softwarelösung, die ein effizientes und angenehmes Arbeiten mit digitalen Rechtstexten ermöglichen würde. Lexit soll diese Lücke schließen und Rechtsanwendern ein Software-Tool zur Verfügung stellen, das alle wichtigen juristischen Inhalte mit einer Vielzahl an intelligenten und nützlichen Funktionen vereint. Darüber hinaus legen wir bei der Entwicklung einen besonderen Fokus auf die Benutzerfreundlichkeit der Anwendung. Der Nutzer soll letztlich nicht nur effizienter arbeiten können, sondern vor allem auch mehr Spaß bei der täglichen Arbeit mit Gesetzestexten und anderen Rechtsinformationen haben.

4. Welche Ziele verfolgt Ihr mit Lexit?

Unsere Vision ist es, eine intelligente und dadurch zeit- und kostensparende Anwendung für Juristen zu entwickeln, um ihnen dadurch das Leben etwas leichter zu machen. Anders als bislang verfügbare Online-Datenbanken automatisiert Lexit Teile des Arbeitsprozesses und bietet Raum für persönliche Anmerkungen und Inhalte. Dies erlaubt dem Nutzer, sich von alltäglichen und zeitaufwändigen Recherchearbeiten zu befreien und sich verstärkt den wesentlichen Herausforderungen des juristischen Arbeitens zu widmen.

5. Wie setzt sich Euer Team zusammen?

Aktuell besteht unser Team aus insgesamt fünf Mitgliedern, einem Juristen, einem Produktmanager, einem Vertriebler und zwei Softwareentwicklern. In den kommenden Monaten möchten wir gerne zwei weitere Softwareentwickler einstellen.

6. Wo seht ihr Euch in drei Jahren?

Wir hoffen, dass wir in drei Jahren an einem Punkt angelangt sind, an dem wir viele verschiedene Rechtsanwender, seien es Anwälte, Richter, Jurastudenten, Beamte, Rechtsanwaltsfachangestellte, Steuerberater, etc. von den Vorzügen unserer Anwendung überzeugen konnten und ein etabliertes Unternehmen am Markt für juristische Softwarelösungen sind.

7. Mit welchen Schwierigkeiten hattet Ihr bisher zu kämpfen?

Glücklicherweise sind wir bislang noch nicht auf größere Schwierigkeiten gestoßen. Zu Beginn hatten wir uns zum Zwecke der Markterkundung schriftlich an einige Anwälte und Kanzleien gewandt, von denen uns eine tatsächlich wegen Zusendung unverlangter Werbung abgemahnt hat. Die Klage wurde jedoch abgewiesen. Außerdem bleiben auch bei uns – wie in den meisten Start-ups – Spannungen im Team nicht aus. Diese jedoch gemeinsam zu überwinden, weil man ein gemeinsames Ziel hat und eine Vision teilt, kann mitunter auch eine sehr beflügelnde Erfahrung sein. Ansonsten läuft aktuell alles nach Plan und abgesehen von ein paar kleineren Rückschlägen, wie. z.B. dem kurzzeitigen Ausfall eines unserer Entwickler aufgrund von Verletzung, ist bis dato alles glatt gelaufen.

8. Was hebt Euch von der Konkurrenz ab?

In aller Kürze: Lexit zeigt dem Nutzer Informationen an, die man bei anderen Lösungen erst recherchieren muss und bietet zudem die Möglichkeit, fast überall im Text eigene Eintragungen und Verknüpfungen vorzunehmen. Darüber hinaus kann man mit Lexit eigene Gesetzessammlungen anlegen, auf die extrem schnell – mit höchstens zwei Klicks – zugegriffen werden kann. Zudem wollen wir mit Lexit eine intelligente Softwarelösung für die Arbeit mit Gesetzestexten und anderen Rechtsinformationen schaffen, mit der bestimmte Aufgaben des juristischen Arbeitens automatisiert werden können. Lexit ermöglicht es dem Nutzer deutlich effektiver und zeitsparender zu arbeiten, da man viel schneller als bisher an wichtige Inhalte gelangt. Aufgrund der automatischen Extraktion nützlicher Zusatzinformationen, wie z.B. Begriffsdefinitionen und später auch Gesetzesbegründungen, wird der Rechercheaufwand des Anwenders reduziert.

9. Wie finanzierte sich Euer Unternehmen vor allem in der Anfangsphase?

Wir sind stolz darauf, dass wir unser Unternehmen bislang aus eigenen Mitteln finanziert und noch keine Unternehmensanteile an Dritte abgegeben haben. Zukünftig sind wir jedoch dafür aufgeschlossen einen Investor mit an Bord zu nehmen.

10. Wie habt Ihr es geschafft, auf Euch aufmerksam zu machen?

Da wir uns Ende August für das EXIST-Gründerstipendium beworben haben und eine der Voraussetzung für das Stipendium ist, dass man noch nicht am Markt aktiv sein darf, haben wir bislang noch kein Marketing betrieben. Aus diesem Grund haben wir bisher auch nur sehr wenig Aufmerksamkeit für unser Produkt generiert.

Legal-entrepreneurship.org sagt herzlichen Dank für das Gespräch!

Als zweites Start-up in unserer Interviewreihe von und für Legal Entrepreneurs dürfen wir LeReTo willkommen heißen. LeReTo ist ein Quellenrecherche-Tool für RechtsanwältInnen, RichterInnen und JuristInnen, das juristische Dokumente mit darin zitierten Quellen zusammenbringt. Seit kurzem ist es auch für Deutschland erhältlich. LeReTo erkennt und verlinkt Gesetze, Rechtsprechung und Literatur in juristischen Schriftstücken.

Das Tool wurde bereits mit mehreren Awards belohnt: Das Entwicklerteam durfte Auszeichnungen beim ConstantinusAward 2016, beim eAward 2017 sowie beim STP Legal Innovation Award 2017 entgegennehmen.

1. Was an Eurem Unternehmen ist „legal“?

Unsere innovativen Tools und das interdisziplinäre Team. Wir entwickeln Software, die JuristInnen den Alltag erleichtert und aufwändige Recherche-Arbeit vollautomatisch erledigt. Das Ziel: Juristische Dokumente mit zitierten Quellen vollautomatisch verknüpfen. LeReTo ist die 24/7-Recherchere-Assistenz.

2. Was an Eurem Unternehmen ist „tech“?

Die Technik assistiert Juristen: Ausgefeilte Erkennungs- und Abfragelogiken unserer Tools identifizieren juristische Fundstellen und liefern die Quellen binnen Sekunden retour. Zitate können rasch geprüft werden, eigene Fehler vermieden und jene anderer aufgedeckt werden. Wir setzen auf smarte und unaufdringliche Technik, um den größten Mehrwert für unsere User zu schaffen.

3. Wie kamt Ihr auf Eure Geschäftsidee?

Unser Gründerteam ist auf Rechtsberatung im streitigen Wirtschaftsrecht spezialisiert. Wir waren es leid, Schriftsätze der Gegenseite oder Gerichtsurteile – welche manchmal so ausführlich sind, dass sie wissenschaftlichen Aufsätzen zur Ehre gereichen würden – manuell auf darin zitierte Quellen zu durchsuchen, um „faule Zitate“ zu entlarven oder Widersprüche aufzudecken. Daraus wurde LeReTo.

4. Welche Ziele verfolgt Ihr mit dem Start-up?

Sollte aus der Weltherrschaft nichts werden, geben wir uns damit zufrieden, ganz Europa (und vielleicht darüber hinaus) mit smarten Recherchetools zu erfreuen. Wenn wir damit auch noch einen kleinen Beitrag zu mehr Qualität in Justiz und Rechtsberatung leisten können – umso besser!

5. Wie setzt sich Euer Team zusammen?

Fachliche Zutaten sind Rechtswissenschaften, Soziologie, IT-Entwicklung und UI-Design, gepaart mit viel Liebe für Juristerei und Freude an hocheffizienter Technik. Diese Kombination zeichnet unser Team aus.

6. Wo seht ihr Euch in drei Jahren?

Wir sehen uns als etablierter und verlässlicher Partner führender Anwaltskanzleien sowie der Justiz in der DACH-Region, der allen mühevolle Arbeit abnimmt, um mehr Zeit für wichtigere Dinge zu haben und/oder die Erledigungsqualität dramatisch zu steigern.

7. Mit welchen Schwierigkeiten hattet Ihr bisher zu kämpfen?

Die Rechtsberatung ist eine sehr traditionsbewusste und vorsichtige Branche. Vertraulichkeit und Sorgfalt werden noch immer in alten Arbeitsweisen gesucht. Dass unser Tool sämtliche Sicherheitskriterien absolut über-erfüllt war eine wesentliche und selbstverständliche Ausgangsbasis. Viele JuristInnen stehen Innovationen im digitalen Bereich trotzdem noch sehr skeptisch gegenüber – hier gilt es, Vorbehalte abzubauen und Vertrauen in innovative Lösungen zu stärken. Und das erfordert Geduld und Aufklärungsarbeit.

8. Was hebt Euch von der Konkurrenz ab?

Besonders stolz sind wir auf das durchdachte und optisch ansprechende User-Interface. Viele andere Software-Lösungen in Anwaltskanzleien kann man ja nur mit viel Erfahrung oder nach aufwändigen Schulungen meistern. Manche wirken vielleicht auch etwas „verstaubt“. Unsere Tools zeigen, dass es auch anders geht. Hier haben wir viel Zeit und Energie investiert, damit sich wirklich jeder rasch und intuitiv zurechtfindet. Oh – und wir erlauben uns hie und da ein Prise Humor unterzubringen: Unser grandios eingesprochener Videoclip oder unsere AGB sind gute Beispiele dafür.

9. Wie finanzierte sich Euer Unternehmen vor allem in der Anfangsphase?

Wir haben die Entwicklung aus Eigenmitteln finanziert und dürfen uns bei der Markteinführung über die Unterstützung der Österreichischen Forschungsförderungs-Gesellschaft (FFG) bzw des Bundeskanzleramts freuen. Besonders zu Beginn war es auch ein großer Vorteil, die komplette Profi-Infrastruktur unserer Mitgesellschafterin, einer Rechtsanwaltskanzlei, nutzen zu können.

10. Wie habt Ihr es geschafft, auf Euch aufmerksam zu machen?

Mit Hartnäckigkeit, Auszeichnungen bei Awards und über Kundenempfehlungen. Letztere sind stets die beste Werbung und wir freuen uns, bereits namhafte Kanzleien zu unseren Referenzkunden zählen! In Deutschland dürfen wir seit kurzem die Kanzlei Gleiss Lutz mit innovativen Lösungen verstärken.

11. Was hättet Ihr rückblickend gerne anders gemacht?

Eigentlich wenig. Vielleicht wäre ein früherer Markteintritt möglich gewesen, wenn wir weniger perfektionistisch gewesen wären. Letztendlich ist eine Software ja nie fertig entwickelt; es gibt immer noch etwas zu verbessern oder zu erweitern. Und wir haben noch viel Spannendes vor!

12. Welchen Tipp würdet Ihr anderen Gründern im Bereich Legal-Tech geben?

Balance halten! Man sollte selbstkritisch sein und Feedback anderer zulassen, sich von Risiken und „was ist, wenn…“ aber nicht entmutigen lassen. Viel Geduld und auch Ausdauer sollte man mitbringen und intensiven Kontakt zu der eigenen Zielgruppe bzw. Stakeholdern suchen.

Legal-entrepreneurship.org sagt herzlichen Dank für das Gespräch!

Legal Technology kommt in den Bereichen Blockchain und Smart Contracts eine besondere Bedeutung zu. Die Art und Weise, wie Rechtsdienstleistungen erbracht werden, wird sich grundlegend ändern.

Blockchain ist eine Technologie, die nicht nur mehr Sicherheit bietet, sondern zukünftig auch nicht mehr wegzudenken sein wird. Nicht nur im Bereich Finanzwesen, sondern auch im Bereich der Rechtsbranche ist Blockchain Technologie auf dem Vormarsch – und das nicht ohne Grund. Viele Transaktionen können nicht nur vereinfacht, sondern auch verschnellert werden. Doch diese Technologie kann auch Risiken bergen.

Die Digitalisierung hat die Rechtsbranche erfasst, immer neue Legal Technology-Lösungen kommen auf den Markt. In welchen Bereichen ist eine Automatisierung wirklich sinnvoll?

Eine Automatisierung von Prozessen ist immer dann sinnvoll, wenn bestimmte Rechtsvorgänge mehrfach auftreten. Es ist schwierig, Rechtsgeschäfte zu automatisieren, die entweder komplex sind oder nur vereinzelt auftreten, wie etwa eine M&A-Transaktion oder ein Patentverkauf. Aber sobald Rechtsgeschäfte mehrfach auftreten oder die Komplexität beschränkt ist, könnten diese zum Teil komplett automatisiert werden. Ein Beispiel dafür wären Mietverträge oder auch Kreditverträge. Teilweise sind solche Prozesse heute schon teilautomatisiert. Unter Verwendung von Frage- und Antwortsystematiken – etwa im Sinne eines Chats bei WhatsApp – könnte man die Automatisierung noch weitaus erhöhen.

Inwiefern sind Blockchain und Smart Contracts sinnvolle Anwendungsbereiche für Legal Technology? Wo liegen die Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Vorgehen? Warum ist ein automatisiert erstellter Vertrag besser als ein individuell erstellter?

Einem Rechtsgeschäft unterliegt zunächst ein Vertrag. Dieser ist entweder mündlich geschlossen worden oder schriftlich. Oftmals existiert hierzu ein Dokument. In dem Dokument jedoch sind Bedingungen und Konsequenzen enthalten. Also etwa so: Am 01.05.2018 muss der Vertragspartner 2000€ bezahlen. Wenn die Bedingung eingetreten ist, findet die Konsequenz statt. Dieser Text lässt sich perfekt durch Smart Contracts unterlegen. Dabei würde die Bedingung dann von Computersystemen geprüft werden und – sobald sie eingetreten ist – der „Smart Contract“ dann ablaufen. Spannend wird es dann, wenn der Vertragstext synchron mit einem Smart Contract verfasst wurde, sodass Computerlogik und Rechtsprosa in Einklang sind. Dann haben wir einen Vertrag, der auch gemäß unseres Rechtssystems funktioniert und gleichzeitig den Computer (bzw. die Blockchain), der die Ausführung vollautomatisch übernehmen könnte.

Welche Best-Practice-Beispiele gibt es in diesem Bereich? Und was sollte man bei der Anwendung von Legal Technology in Rechtsabteilungen in dieser Hinsicht besonders beachten?

Bis heute gibt es hier noch wenig konkrete Projekte. In Versicherungen werden solche Prozesse bereits recht gut automatisiert, denn dort fallen bestimmte Vorgänge sehr oft an. Auch im Finanzbereich – etwa bei Banken – gibt es teils schon eine hohe Automatisierung. Bei Banken, die zu Automobilherstellern gehören, ist man teilweise schon weiter: Dort werden Leasingverträge teilweise schon systematisch mit IT erfasst und entsprechend automatisiert abgewickelt. Aber bis heute sind das nur seltene Fälle. Die großen Veränderungen werden hier in den kommenden Jahren noch kommen. Bei meiner Bank zum Beispiel musste ein Mietkautionskonto aufgelöst werden. In der Blockchain-Welt wäre das ein Smart Contract und ein Prozess von wenigen Sekunden. Bei mir hatte dies jetzt im Juni 2017 vermutlich fast 10 E-Mails gedauert und der Prozess hat sich über 2 Monate hingezogen. Hier sieht man, dass manche Unternehmen trotz Digitalisierung von effizienten Prozessen – egal ob mit oder ohne Blockchain – noch sehr weit entfernt sind.

Gerade in der Finanzindustrie spielt das Thema Blockchain schon lange eine große Rolle. Welchen Einfluss hat Legal Technology in diesem Bereich? Gibt es auch Gefahren, die mit ihrer Nutzung einhergehen?

Gefahren gibt es in jedem Falle. Denn die Automatisierung nimmt keine oder kaum Rücksicht auf Einzelfälle. Daher kann es hier zu automatischen Vorgängen – oder auch Ketten von Vorgängen – kommen, deren Konsequenzen heute noch nicht wirklich abgeschätzt werden können. Ich denke, dass derartige Entwicklungen in den nächsten Jahren Einzug halten werden. Die Banken und Versicherungen, die hier ihre Prozesse am besten aufsetzen, werden zu den Gewinnern gehören. Wichtig dabei ist, dass der Kunde auch bei automatisierten Vorgängen als Mensch noch berücksichtigt wird. Wer beides kann, Automatisierung und Rücksicht auf die Belange der Menschen, wird Erfolg haben. Unternehmen, die diese Prozesse nicht meistern können, werden in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Wir kennen Prozesse, bei denen auf die Belange der Kunden, die ja Menschen sind, keine Rücksichtig genommen wird. Zum Beispiel in Call-Centern: Sagen Sie „1“ um dies und das zu tun. Wenn wir „1“ sagen, wird dies manchmal nicht verstanden und wir landen nicht selten in Endlosschleifen. Das sind Prozesse, die zwar digital sind, aber die Kunden nicht berücksichtigen. Daher ist meiner Meinung nach beides enorm wichtig; letzteres wird ab und zu vergessen.

Das CodeX Stanford gilt vielen als der Nabel der Legal-Tech-Welt. Was verbirgt sich hinter diesem Namen und warum pilgern Legal-Tech-Anhänger aus aller Welt dorthin?

CodeX Stanford: Eine Forschungseinrichtung der Stanford University

Hinter dem Begriff CodeX Stanford versteckt sich das Stanford Center for Legal Informatics, eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung der Stanford University. Als eine der ersten Universitäten weltweit hat die Stanford University Recht und Technologie systematisch miteinander verwoben. Aufgrund der Lage mitten im Silicon Valley ist der Kontakt der Forschung zur unternehmerischen Praxis traditionell sehr eng. In unmittelbarer Nähe der Stanford University befinden sich die Unternehmenszentralen von Facebook, Google, Apple, Amazon, Tesla und anderer global führender Industrieunternehmen. Seit vielen Jahren inspiriert die technikaffine Forschung aus Stanford der innovative Unternehmensgründungen in aller Welt. Insofern verwundert es wenig, wenn Einrichtungen wie das CodeX Stanford auch die aktuelle Debatte um neue Technologien zur Rechtsdurchsetzung prägen.

Projekte und Events am CodeX Stanford

Unter der Leitung von Roland Vogl hat sich das CodeX schnell zu einer Einrichtung entwickelt, die einen aktiven Praxistransfer im Bereich Legal Tech leistet. Dazu geht das CodeX mit seiner Forschung regelmäßig an die Öffentlichkeit. Eine Reihe von Projekten und Veranstaltungen schafft Möglichkeiten zur Diskussion neuer Ideen mit Unternehmern und technologieoffenen Anwälten. Das größte Forum stellt dabei die jährliche CodeX Future Law Conference dar, die 2018 am 5. April stattfindet. Aber auch eine Reihe kleinerer Vorträge und Gesprächsrunden bietet die Gelegenheit zum Austausch der rechtsinformatischen Forschung mit der unternehmerischen Praxis.

CodeX Stanford in den sozialen Medien

Das CodeX hält eine Reihe von unterschiedlichen Webressourcen bereit, über die sich Interessenten aus aller Welt auf dem Laufenden halten können. So informiert ein Twitter-Kanal mehrmals in der Woche über Neuigkeiten aus der Legal-Tech-Szene. Zudem werden die wichtigsten Informationen auch auf LinkedIn gepostet. Eine wachsende Aufmerksamkeit erfährt auch die Legal Tech List des CodeX, eine strukturierte Liste von über 700 Legal-Tech-Unternehmen aus der ganzen Welt. Wer sich mit einer Legal-Tech-Idee selbständig macht, sollte in diesem Who is Who gelistet sein.