Was ist eigentlich legal entrepreneurship? Die wörtliche Übersetzung lautet: Unternehmertum im Rechtswesen. Oder etwas breiter gesprochen: Unternehmerisches Denken und Handeln in der juristischen Arbeit. Warum ist das neuerdings ein Thema?

Entrepreneurship: Auf den Innovationsgeist kommt es an

Wesentlicher Wegbereiter des modernen Unternehmerbegriffs war der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter. Er prägte den begrifflichen Unterschied zwischen dem Kapitalisten einerseits und dem Unternehmer (entrepreneur) andererseits. Während der Kapitalist nur mit seinem Kapital am Markt teilnimmt, steht der Unternehmer nach Schumpeter für Innovationsgeist, der den Markt kreativ verändert. Diese Rolle ist heute überwiegend mit positiven Konnotationen behaftet: Mit einem neidischen Blick in das Silicon Valley und die dort binnen weniger Jahre empor gekommenen GAFA-Konzerne bemüht man sich zunehmend auch in Deutschland, attraktive Rahmenbedingungen für eine lebendige Gründerszene zu schaffen.

Legal Entrepreneurship: Unternehmerische Innovationen im Rechtswesen

Der Trend zur Offenheit gegenüber unternehmerischen Innovationen setzt sich naturgemäß umso später durch, je enger eine Branche reguliert ist. Das traditionelle Rechtswesen war daher gegenüber unternehmerischen Einflussen lange Zeit weitgehend immun. Seit einigen Jahren ändert sich dies aber, weil nichtjuristische Dienstleister erkannt haben, dass sie trotz der straffen Regulierung im Rechtsmarkt einigermaßen unbehelligt agieren können. Seitdem gibt es nicht nur Startups, die Produkte zur Erleichterung der Arbeit traditioneller Juristenberufe anbieten, sondern auch quereinsteigende Akteure, die im Kerngeschäft der Anwaltschaft unterwegs sind und diese im Preiswettbewerb durch schlanke, häufig digitale Dienstleistungsmodelle unterbieten.

Entrepreneurship statt Rechtspflege?

Der Gesetzgeber sucht gegenwärtig noch nach der passenden Antwort auf dieses Phänomen. Eine wesentliche Sorge ist dabei, dass zu viel unternehmerisches Denken die Rechtspflege unterminieren könnte: Wo die Treiber eines Marktes nicht mehr einem Standesrecht, sondern nur noch dem Prinzip der Gewinnmaximierung folgen, könnte letztlich auch die Rechtsgeltung unter einem faktischen Profitabilitätsvorbehalt stehen. Spannende Zeiten für juristische Unternehmer, das anwaltliche Berufsrecht und die europäische Dienstleistungsfreiheit…